Zum Inhalt springen

Todeszonen stoppen!

In unseren Ozeanen tauchen immer mehr Todeszonen auf. Der Begriff klingt reißerisch, aber er passt leider ziemlich gut, denn in diesen Bereichen verschwindet Sauerstoff aus den Meeren. Teilweise wird er so knapp, dass kaum noch Leben möglich ist. Es entsteht eine Todeszone.

Den Meeren geht die Luft aus

Leerer toter Meeresboden

Wie auch an Land hängt das meiste Leben im Wasser von Sauerstoff ab. Geht der Sauerstoff im Wasser zu Neige, ist dieses Leben irgendwann nicht mehr möglich. Eine leere Einöde – eine Todeszone – entsteht. Am Boden lebende Wirbellose wie Muscheln, Würmer und Seesterne sterben. Fische wandern ab oder gehen ebenfalls zu Grunde, wenn sie nicht schnell genug sind. In der Regel kommt es zu einer Todeszone, wenn weniger als 2 Milligramm pro Liter (mg/l) Sauerstoff im Wasser gelöst ist. Der genaue Wert hängt von der Temperatur und dem Salzgehalt des Wassers ab. Es gibt einige natürliche Todeszonen, zum Beispiel im Pazifik und im indischen Ozean. In den letzten Jahrzehnten wird aber ein dramatisches Wachstum von menschengemachten Todeszonen beobachtet. Die betroffenen Wasserbereiche sind in 50 Jahren um ein Vierfaches gewachsen. Besonders die Todeszonen in Küstennähe haben zugenommen. Gerade die Atlantikküste der USA und europäische Küsten sind betroffen. Und auch außerhalb der Todeszonen nimmt die Menge des gelösten Sauerstoffes in den Meeren ab.

Die Problematik ist menschengemacht. WissenschaftlerInnen führen es hauptsächlich auf Nährstoffeinträge zurück. Bei der übermäßigen Düngung von Feldern wird das Grundwasser mit Nitrat und Phosphat belastet. Diese Stoffe sickern den Seen und Flüssen zu. Von dort aus gelangen sie schlussendlich in den Ozean. In den Meeren werden die Nährstoffe zum echten Problem. Nitrat und Phosphat sind gute Dünger. Algen nutzen diesen Dünger und beginnen zu wuchern. Es kommt zu gewaltigen Algenblüten. Sterben die Algen ab, werden sie von Bakterien zersetzt. Dabei wird Sauerstoff verbraucht. Kommt zu viel totes Algenmaterial auf einmal auf, verbrauchen die Mikroorganismen so viel Sauerstoff, dass eine Todeszone entsteht. Dort leben hauptsächlich Bakterien, die Sulfat statt Sauerstoff atmen. Sie produzieren den giftigen Schwefelwasserstoff. Ihre Stoffwechselprodukte legen sich als schwarze Schicht auf den Gewässerboden. Eine lebensfeindliche Einöde entsteht.

Mit Algen überwucherte Steine

Die Meere bestehen aus mehreren Wasserschichten, die übereinander liegen. Besonders tiefere Wasserschichten sind von den Todeszonen betroffen, denn sie sind durch darüber liegende Schichten vom direkten Sauerstoffaustausch mit der Atmosphäre abgeschnitten. Todeszonen stellen häufig ein saisonales Phänomen dar. Nach einer Algenblüte im Frühling sinkt das Sauerstoffangebot im Sommer. Dieser Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass sich das Oberflächenwasser aufheizt. Dadurch vermischt es sich weniger mit dem darunter liegenden Wasser und bringt auch weniger Sauerstoff in die tieferen Zonen. Im Herbst und Winter gibt es mehr Stürme und damit auch eine verstärkte Durchmischung des Meereswassers. Der Sauerstoff kommt damit wieder in die Tiefe. Leider traten jedoch 2014 bereits 8% der Todeszonen das ganze Jahr über auf. Unglücklicherweise wird die Problematik der Todeszonen durch den Klimawandel verstärkt. Die Ozeane heizen sich auf: Warmes Wasser nimmt Sauerstoff schlechter auf als kälteres. Außerdem wird der Stoffwechsel von wechselwarmen Tieren durch höhere Temperaturen angekurbelt. Sie sind aktiver und verbrauchen dadurch auch mehr Sauerstoff. Gleichzeitig vermischt sich wärmeres Oberflächenwasser schlechter mit darunter liegendem, kühlerem Wasser. Die Schichtung des Wassers wird verstärkt und Sauerstoff gelangt noch schlechter in die Tiefe. Während der Klimawandel Todeszonen vorantreibt, führen auch die Todeszonen zu einer Verstärkung des Klimawandels. In den sauerstoffarmen Bereichen wird vermehrt Lachgas freigesetzt – ein hochwirksames Treibhausgas. Zusätzlich fühlen sich Algen in den steigenden Wassertemperaturen äußert wohl, wodurch das Algenwachstum weiter angetrieben wird. Todeszonen und Klimawandel befinden sich in einem Teufelskreis.

Problemgebiet Ostsee


In der Ostsee sind Todeszonen ein besonders großes Problem. Das Meer ist beinahe vollkommen von Landmassen eingeschlossen. Frisches Wasser aus der Nordsee strömt nur selten in die Ostsee ein. Nährstoffe, die in die Ostsee gelangen, bleiben dort über 20 Jahre, bevor sie in den offenen Atlantik getragen werden. Das führt zu einer der größten Todeszonen der Welt.
Der Sauerstoffschwund in der Ostsee war in den letzten 1.500 Jahren nie so stark wie jetzt. Auch für den Menschen hat das Folgen: Es wird geschätzt, dass die Ostsee ohne Todeszonen um ein Drittel produktiver wäre.
Der Nährstoffeintrag in die Ostsee ist durch strengere Auflagen bereits etwas zurückgegangen. Trotzdem schrumpft die Todeszone bisher nicht. Der Grund: Die abgestorbenen Algen am Meeresgrund setzen Phosphor frei, welches zu neuen Algenblüten führt. Um den Teufelskreis zu durchbrechen, müssen Nährstoffeinträge in die Ostsee noch drastischer verringert werden.

Karte der Ostsee

Lösungen

Traktor pumpt Gülle aus einem Tanklaster

Um die Todeszonen zu bekämpfen, muss vor allem eins getan werden: Die Nährstoffeinträge in die Ozeane müssen gesenkt werden. Die Belastung des Grundwassers und der Flüsse von heute ist die Belastung der Meere von Morgen. Nährstoffe gelangen durch übermäßige Düngung in die Umwelt. Das ist besonders ein Problem in der intensiven Landwirtschaft. Um eine Ertragsmaximierung zu garantieren, werden die Pflanzen stark gedüngt. Es braucht eine verbesserte Düngeverordnung, verstärkte Kontrollen und ein Umdenken in unserem Konsumverhalten. Gewässerschutz durch ökologischen Landbau ist eine effektive Methode, den Todeszonen in den Ozeanen entgegen zu wirken. Neben der Senkung des Nährstoffeintrags hilft auch die Renaturierung von Flüssen dabei, Todeszonen zu bekämpfen. Renaturierte Flussbereiche nehmen Nährstoffe aus dem Wasser auf. So gelangen sie nicht in den offenen Ozean und können dort auch keinen Schaden anrichten. Zudem wird empfohlen, nicht in der Nähe von Todeszonen zu fischen. Auf diese Weise können Meerestiere vor dem Sauerstoffmangel fliehen und werden nicht von zwei Seiten gleichzeitig bedroht.
Immerhin: Es gibt Hoffnung darauf, dass sich die Natur auch wieder erholen kann. In den 80er Jahren traten im Schwarzen Meer großflächig Todeszonen auf. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion stiegen jedoch die Düngerpreise. In den 90er Jahren sind die Todeszonen deswegen stark zurückgegangen.

Die menschengemachten Todeszonen erinnern uns daran, dass die Natur nicht folgenlos erträgt, was wir tun. Unser Handeln hat Auswirkungen, die uns bewusst sein müssen. Wir müssen dringend die Nährstoffeinträge in das Grundwasser, die Flüsse und die Meere verringern, um maritimes Leben nicht noch weiter zu gefährden!

Das könnte Sie auch interessieren

Seepferdchen hällt sich an Seegras fest

Seegraswiesen schützen

schwimmende Schildkröte im Meer

Meeresschutz für Artenvielfalt